„Die Ursachen unerwünschter Ereignisse sind vielfältig – bei einem systematischen Fehlermanagement wird nichts übersehen und man rückt näher zusammen!"

Interview mit Dr. med. Johannes Herzog

Facharzt für Innere Medizin - Internistische Gemeinschaftspraxis Uelzen und Leiter des Arbeitskreises Patientensicherheit der Ärztekammer Niedersachsen

Dr. Herzog, Sie leiten in der niedersächsischen Ärztekammer den Arbeitskreis für Patientensicherheit. Wie häufig kommt es denn in der Arztpraxis überhaupt zu unerwünschten Ereignissen (UE), die für den Patienten kritisch sind?

Dr. med. Johannes Herzog: Dazu liegen kaum repräsentative belastbare Zahlen vor. Eine Studie von 2016 geht davon aus,  dass unerwünschte Ereignisse (LINK zu FAQ) etwa 2 bis 3 % aller Konsultationen ausmachen. Die Unterschiede  bei den einzelnen Praxen sind groß und bewegen sich zwischen 1 % und 24 %. Von diesen Ereignissen haben etwa 4 % schwerwiegende Folgen einschließlich Todesfälle. Beim Fehlermanagement geht es aber nicht allein um die schweren Fälle, sondern grundsätzlich darum, aus Fehlern zu lernen.

Sie selbst sprechen in Ihren Schulungen von einem „pragmatisch-praktischen Fehlermanagement“. Das klingt nach einem überschaubaren Aufwand. Welche Tipps geben Sie Arztpraxen, die an ihrer Fehlerkultur arbeiten?

Dr. med. Johannes Herzog: Ganz wichtig für den Erfolg ist die Einbeziehung der MFAs – ein Riesenpotenzial, das viel zu häufig übersehen wird. Deshalb werden im Projekt CIRSforte auch bewusst alle Mitarbeiter in der Praxis miteingebunden. Die MFAs sind diejenigen, die die Praxisabläufe am besten überschauen. Durch die gemeinsame Verantwortung verbessern sich nicht nur Arbeitsabläufe und Prozesse – man rückt auch näher zusammen.

Was sagen Sie den Arztpraxen, die ein Fehlermanagement für unnötig halten?

Dr. med. Johannes Herzog: Nach dem Sozialgesetzbuch müssen Arztpraxen schon jetzt ein Fehlermanagement im Rahmen ihres einrichtungsinternen Qualitätsmanagements etabliert haben. Aber abgesehen von der rechtlichen Seite: Ein systematisches Fehlermanagement wie es CIRSforte vorsieht, ist für Arztpraxen vor allem aber auch eine große Chance: Sich zu professionalisieren, sein Team neu zu motivieren, bessere Prozesse zu etablieren, die Abläufe effizienter zu gestalten und natürlich mehr Sicherheit für alle – für den Betreiber, das Personal und die Patienten.